Samstag, 3. September 2022
Auf zu neuen Ufern
Die letzten 24h in Österreich sind für mich angebrochen. Angenehm ausgepowert nach dem letzten Arbeitstag, einem herzlichen Abschied und der anschließenden Fahrt mit dem Rad nach wien, genieße ich die Abendsonne auf einer Bank auf der donauinsel mit Blick auf die vorbeifahrenden Schiffe. Zwei Monate sind vorüber. Eine schöne Zeit, in der ich noch das ein oder andere dazulernen durfte.

Die Woche habe ich zum dritten Mal das Roggenvollkornbrot gebacken. Allerdings haben wir das Rezept etwas abgeändert. Mehr Salz und mehr Wasser. Für Bäcker: Lässt man das Mehrkornkochstück einmal weg, hat der ursprüngliche Grundteig bereits eine TA um die 192. Das ist schon ganz ordentlich, auch für ein Roggenkastenbrot. Österreicher lachen darüber nur. Also habe ich die TA so weit erhöht, wie ich mich getraut habe fürs erste. Bei TA 203 habe ich aufgehört. Nach der Teigruhe ließ sich der Teig mit etwas Übung noch ganz gut rundmachen. Solange man allerdings den Teig noch rund machen kann, bedeutet das für Österreicher, da kann noch mehr Wasser rein und das wäre auch möglich. Man müsste sich langsam hochtasten. Leider bleibt keine Zeit mehr, um die Grenze weiter auszutesten.
Neben dem roggenbrot gab es dann auch noch ein Dinkelvollkornbrot im Kasten. Auch bereits zum zweiten Mal. Mit Quark, oder Topfen, und Honig, Sesam, Leinsamen und Sonnenblumen. Ein Rezept, das ich leicht abgewandelt von einem Seminar der Bäckerakademie in Weinheim übernommen habe. TA knapp über 180. Wird direkt in die Form gewogen und optimalerweise mit einer Teigruhe von mind. 12h geführt. 

Ansonsten habe ich diese Woche noch die kulinarischen Angebote des Weinviertels genossen. Der Name der Region kommt nicht von irgendwo her. Allerdings bin ich den Weintrauben mehr zugetan als dem Wein und die sind mittlerweile reif. Eine reichhaltige Auswahl von insgesamt 25 Traubensorten kann man im Schauweingarten in Gaubitsch verkosten. Im wahrsten Sinne ein gefundenes fressen. Sehr sehenswert sind auch die Kellergassen, die den Schauweingarten umgeben. Das sind etwa 100-150 Jahre alte Vorratsgebäude, die einem Eisberg ähneln. Von außen sieht man nur ein kleines Gebäude, in der Größewiner Hütte, das in den Hang hinein gebaut ist. Innen erstrecken sich Tunnel, die durchaus 30m ganz simpel in die Erde gegraben sind. Manche haben gemauerte Wände, andere nur die nackte Erde. Sie dienen und dienten der Aufbewahrung des Weins. Günstig zu bauen und zu betreiben, optimales Klima und weniger Überschwämmungsgefahr als in den Kellern der Wohnhäuser bewogen die Österreicher dazu diese keller anzulegen. Heute sind sie Ausflugsort, Heurige (Straußenwirtschaft) oder wie früher Aufbewahrungsort.
Aber mit Wein ist es im Weinviertel nicht getan. Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Zwetschgen, Brombeeren sind am Wegesrand zu finden, wenn man nur die Augen aufhält.
Von den regionalen Produkten macht auch Öfferl Gebrauch. Kartoffeln in den Erdäpfelbrioche, Traubensaft im Robert de Vino Wurzelbrot, Dinkel in der Rotraud von Oberkulm, Marillenkonfitüre in den Buchteln, Sonnenblumen in den Weinbergspitz, Hanf und Kürbis in den Kürbisstangerln, Walnüsse in den Walnusskipferln. Alles Erzeugnisse die im Weinviertel quasi allgegenwärtig sind.

Morgen werde ich noch einmal die Filiale in der Wollzeile in Wien besuchen und später geht es dann mit dem Bus zurück nach Deutschland.
Nächstes Ziel: eine Holzofenbäckerei in Schottland. Das Flugzeug hebt am Mittwoch ab

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Freitag, 19. August 2022
Öfferl kann nicht nur Brot, sondern auch Kaffee
Gaubitsch, ein kleines Dorf in Österreich, durchzieht einmal die Woche der verführerische Duft von frisch geröstetem Kaffee. Was heute Kunden und Schaulustige anzieht, hätte in Preußen vor etwa 240 Jahren die sogenannten Kaffeeschnüffler aufmerksam gemacht. Dabri handelte es sich um eine Gruppe invalider Soldaten, von Friedrich dem Großen beauftragt illegale Kafferöstereien ausfindig zu machen. Eine Welt ohne Kaffee? Unvorstellbar für viele.

Ich hab letzte Woche einen Crashkurs in Sachen Kaffeerösten bekommen und dabei viel gelernt. Dabei konnte ich auch gleich mein Wissen wieder auffrischen, das ich mir als Führerin im botanische Garten in Witzenhausen und im landwirtschaftlichen Studium aneignen durfte. Das bisschen Vorwissen war ganz praktisch.

Bei Öfferl werden Bohnen für Filterkaffee und Espresso geröstet. Das erfordert unterschiedliche Röstverfahren. Wie diese genau ablaufen wird außerdem von Parameter wie der Bohnensorte, der Herkunft, der Jahreszeit, der Aufbereitungsmethode der Bohnen, der Menge, der Röstmaschine, der Lagerzeit und dem gewünschten Endergebnis beeinflusst. Der Rohkaffee (ungeröstete Samen) bei Öfferl wird von kontrolliert-biologisch wirtschaftenden Anbauern in Afrika, Südost-Asien und Lateinamerika bezogen. Zuerst wird mit kleinen Mengen in einer kleinen Röstmaschine experimentiert. Wie heiß, wie lange, muss man welche Bohne oder Bohnenmischung rösten um einen bestimmtes Aroma zu erhalten? Dann wird die Menge erhöht und in der großen Röstmaschine geröstet. Ist das Ergebnis zufriedenstellend werden die Bedingungen als Graph in einem Programm hinterlegt. Geht man im der Zukunft her und möchte den Röstvorgang wiederholen, versucht man möglichst nah an den hinterlegten Graph zu kommen. Kleine Abweichungen können ausgeglichen werden. Dazu muss man aber stets aufmerksam sein und schnell reagieren um evtl. Einstellungen zu verändern. Der Rohkaffee ist ein Naturprodukt und dementsprechend inkonstant in seinem Verhalten.

Also, guten Kaffee zu rösten ist eine echte Kunst! Und wer mehr darüber erfahren möchte, es lohnt sich und ist sehr interessant.

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Montag, 15. August 2022
Zurück in Düsseldorf
Mittlerweile bin ich wieder zuhause.

In der letzten Woche war nochmal ein bisschen Sightseeing dran, z.B. habe ich mir die Kunstausstellung im Schloss Belvedere angeschaut, bevor es dann am Samstag Nachmittag nach Hause ging. Diesmal mit der Bahn.

Auf der Arbeit hat man diese Woche gemerkt, dass schon wieder etwas mehr los ist. Die Wiener kommen aus ihren Sommerurlauben zurück, die U-Bahnen sind voller, es gibt mehr Laufkundschaft.
Mein Team hat mir diese Woche eine der anderen Gragger-Bäckereien gezeigt. Diese ist noch viel kleiner als die Chorherr-Bäckerei. Es ist eine Show-Backstube und es arbeitet dort nur ein einziger Bäcker.
Das wohl absolut verrückteste dort war der selbstgemachte "Gärraum". Ein schmaler Stikkenwagen mit Wänden, einer Heizplatte auf dem Boden und darauf ein Kessel mit Wasser.

Da meine Arbeitswoche der vorigen sehr ähnlich war, schreib ich einfach mal auf was mir noch so einfällt.

Gragger & Chorherr gibt es erst seit 2019. Es ist eine gemeinnützige Gmbh, die Menschen einstellen will, die Schwierigkeiten haben auf dem Arbeitsmarkt einen Job zu bekommen. Sie befindet sich in einem Neubaugebiet voll mit Wohnkomplexen nahe der Donau. Viele dieser Wohngebäude haben unten kleine Cafes, Restaurants, etc. So hat auch Gragger & Chorherr ein großräumiges, schönes Cafe wo man gemütlich frühstücken kann.

Typische Österreichische Gebäcke, die ich auch in anderen Bäckereien gesehen habe, sind zum Beispiel Kipferl (Hörnchen), Mohnflesserl (Einstrang-Zopf), Salzstangerl, Käsestangen, Striezel (Zöpfe), Kaisersemmel, Topfengolatschen, Körndl-Spitz.

Es wird wirklich an viele Worte ein 'erl' dran gehangen.

Was mir hier noch sehr positiv aufgefallen ist, ist dass Fachwissen abgefragt wird. Es wird wirklich darauf geachtet, dass man versteht was man den ganzen Tag macht (z.b. warum man bei Roggenbroten Sauerteig braucht, oder welches Holz man bei einem Holzofen am besten verwendet).

Insgesamt war es eine schöne Zeit mit tollen Erfahrungen.

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