Freitag, 3. März 2023
550, 630, T65, T80, T150, R500, W700, R2500....
Nein, das ist keine Aufgabe aus einem IQ-Test, bei der man die Zahlenfolge fortführen soll. Allerdings gäbe es durchaus einige weitere Nummern, die sich hier noch aufführen ließen.
Für die, denen das Theoriewissen des Bäckerei- Konditorei- und Müllerwesens fehlt und für solche, die dieses zwar haben, aber wo es noch nicht "klick" gemacht hat: es handelt sich um die Typenbezeichnung verschiedener Mehlarten. Hier zuerst zwei deutsche, helle Mehle, ein Weizen (550) und ein Dinkel (630), drei französische Weizenmehle und drei österreichische Mehlsorten (R für Roggen, W für Weizen).
Die Zahlen stehen für die Aschegehalte der Mehle. Verbrennt man 1000g Weizenmehl des Typs 550 bis nichts mehr zu verbrennen ist, bleiben in etwa 550mg Asche übrig. Ebenso verhält es sich bei den österreichischen Mehltypen, bei den Franzosen muss man noch eine 0 hinten dranhängen. Also T65 enthält 650mg/1kg. Diese Einteilung in einheitliche Mehltypen erleichtert es das richtige Mehl für das richtige Rezept zu finden, denn die inhaltliche Zusammensetzung sowie das Verhalten der Mehle beim Backen sind verschieden je nach Type. Deutsches 405 eignet sich z.B. besonders gut für Kuchen und Kekse, weil es viel Stärke, aber weniger Proteine enthält. 550 enthält mehr Proteine und eignet sich besser für Brötchen und Toastbrot oder Baguette. Möchte man etwas dunklere Brote mit mehr Kleiegehalt und bisschen mehr Biss backen, nimmt man noch höhere Mehltypen. Je höher die Nummer, desto mehr Kleie (vereinfacht die Schale des Korns) ist enthalten. Die Schale des Korns enthält besonders viele Mineralien, die nicht verbrennen, sondern übrig bleiben als Asche. d
Deshalb die höhere Typenzahl. Das kann man sogar mit bloßem Auge sehen. Je höher die Typenzahl, desto dunkler die Mehle. Das ist der höhere Kleieanteil, der die dunklere Farbe hervorruft.
Also während wir hier in Deutschland es mit unseren Typenmehlen recht einfach haben und das ebenfalls für Österreich, Frankreich und einige wenige andere Länder gilt, ist das etwas anders in weiten Teilen der Welt. In Schottland und Schweden gibt es zum Beispiel keine einheitlichen, genormten Werte für Mehltypen. Jede Mühle macht ihre eigenen Mischungen und als Bäcker muss man dann mittels Backversuchen und Analysewerten herausfinden, welches Mehl von welcher Mühle am besten für einen selbst geeignet ist.
Das hat Fosch, mein derzeitiger Praktikumsbetrieb, vor einiger Zeit am eigenen Leib erfahren müssen. Da ist die Mühle, von denen sie das meiste Mehl bezogen haben, abgebrannt und musste die Produktion einstellen. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis die Rezpte wieder richtig eingestellt waren mit den neuen Mehlen. Da werden wassergehalte angepasst, Ruhezeiten, Knetzeiten, Teigtemperaturen, Autolysemenge.... richtige Bäckerarbeit!
Das ist zwar super interessant und man lernt viel dabei, trotzdem schätze ich das deutsche Mehltypensystem!

Ein Einschub allerdings noch, wer jetzt denkt, 550er Mehl ist gleich 550er Mehl, falsch gedacht. So einfach ist es dann doch nicht. Selbst wenn die Aschegehalte zweier Mehle identisch sind, oder selbst wenn die Nährwerttangaben komplett übereinstimmen, jedes Mehl verhält sich anders. Das kann an der Art und Qualität der Proteine oder Stärke liegen, am Alter des Mehls, an der Vermahlungsart, der Getreidesorte, dem Standort.... ein super spannendes Thema, besonders, wenn man dann noch die Vollkornmehle dazunimmt. Ich werde jetzt aber erst mal mit der Theorie stoppen, sonst bin ich morgen noch am schreiben und das Ganze kann dann im Romanformat gedruckt und gebunden werden.

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Kontantfri
Wenn ich irgendwo kontantfri lese, muss ich immer zuerst an “inhaltslos" denken. Kontant-> content (engl.)=Inhalt und fri=>frei. Aber das würde nicht besonders viel Sinn ergeben. Kontantfri-Schilder hängen nämlich an Museums- und Geschäftseingangstüren. Und soll man in einem leeren Museum?

Nein, kontant steht hier nicht für Inhalt sondern kontantfri heißt übersetzt kontaktlos und meint die Bezahlweise. Die skandinavischen Länder und insbesondere Schweden lieben das kontaktlose Bezahlen. Ob mit Handy, Kreditkarte, swish oder was es da sonst noch gibt.
Seit ich hier bin, hab ich noch kein Geld verwendet, bis auf ein paar Münzen, die ich noch vom letzten Besuch hatte.

Schweden ist seiner Zeit einfach voraus, was Geld angeht und das seit dem 17.Jhr. 1661 führte Johan Palmstruch, Bankier aus Riga, das erste Papiergeld in Europa ein, in Schweden. Seine Leih- und Wechselbank Stockholms Banco erhielt die staatliche Erlaubnis zum Druck des ersten schwedischen Papiergeldes. Ein Blatt Papier war deutlich leichter zu tragen als 20kg schwere Kupferplatten, die zu diesem Zeitpunkt als Zahlungsmittel im Umlauf waren. Nach etwa 7 Jahren wurde das kleine Abenteuer in Sachen Papiergeld abgebrochen. Die Bank hatte zu viele Kredite, also zu viel Geld, ausgegeben. Dem Papiergeld standen keine Sicherheiten mehr gegenüber, die Werte konnten nicht mehr gedeckt werden. Palmstruch kam vor Gericht und wurde eingekerkert. Stockholms Banco zählt zu den ältesten Banken überhaupt und existiert unter abgeändertem Namen heute noch.
Etwa 200 Jahre später startete man einen neuen Anlauf und führte die schwedische Krone als Währung ein. Zumindest deren Namen hat sich bin heute noch gehalten.

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Aurora borealis über Stockholm - und ich hab`s verpasst
Letztes Wochenende haben die Götter Fußball gespielt. Diese Legende zu den Nordlichtern habe ich mal in einer Dokumentation gehört. Naja, das ist auch nicht verrückter als wenn bei einem orange-roten Sonnenuntergang die Engelchen Kekse backen!
In der Nacht auf Sonntag soll eine sehr starke Sonnensturmaktivität gewesen sein und es war ein sternenklarer Himmel. Perfekte Voraussetzungen für Nordlichter. Über ganz Skandinavien und Großbritannien, teilweise sogar bis zu den dunkelsten Orten in NRW sollen sie zu entdecken gewesen sein. Selbst in Stockholm mit der ganzen städtischen Lichtverschmutzung waren sie sichtbar und ich habe es verschlafen. In der darauffolgenden Nacht habe ich es dann versucht, auch mit Kamera und langer Belichtungsdauer. Aber erfolglos. Vielleicht habe ich Glück und bekomme nochmal eine Chance in den nächsten Wochen. Ich werde die Vorhersage auf jeden Fall wieder regelmäßiger checken. Die nur auf dem Foto schwach zu erahnenden und mit den Augen gar nicht sichtbaren Nordlichter in Shetland würde ich gerne nochmal richtig zu Gesicht bekommen!

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Mise en place
Bei uns laufen die Vorbereitungen im Moment auf Hochtouren. Wir versuchen möglichst viele Sachen vor zu bereiten, die vorzubereiten sind.
Grund dafür ist, dass ab Ende nächster Woche zwei Vollzeit-Arbeitskräfte wegfallen und das dauerhaft. Bei so einem kleinen Team entspricht das im Backstubenbereich fast der Hälfte der Leute. Also laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
Louis und Melvin, die zwei Erasmus-Bäcker aus der Nähe von Lyon fliegen am Samstag wieder nach Hause und fiebern diesem Moment begeistert entgegen. Sie zählen buchstäblich die Tage! Ihnen fehlt nur ein Abreiskalender. Das würde optimal zur Situation passen. Die beiden waren jetzt ein halbes Jahr hier. Beide sind ausgelernte Kräfte und noch recht jung, um die 20. Schweden war ihr erster längerer Auslandsaufenthalt, das erste Mal alleine, bzw. in einer WG, wohnen, außerhalb von zuhause und das erste Mal Fliegen. Da ist so eine Erfahrung noch etwas nervenaufreibender als wenn man, wie ich, schon etwas erfahrener, älter, ist und wenn man, seit man 14 ist, regelmäßig, auch alleine, im Ausland unterwegs ist. Aber sie haben sich nicht unterkriegen lassen und zumindest Melvin plant bereits seinen nächsten Exkurs, nach Dubai oder in die USA.
Bei Fosch wird das allerdings eine spannende Zeit werden mit einem minimalen Team, dass tageweise im Bäckerbereich nur aus zwei Leuten bestehen wird. Da ist es ganz gut, dass mittlerweile alle Rezepte angepasst sind. Kurz bevor ich angefangen habe, ist die Mühle, die die Bäckerei nämlich zum zweiten Mal abgebrannt und das Mehl musste gewechselt werden und damit auch die Rezepte angepasst werden. Das konnte mitunter zu einem ziemlichen Durcheinander führen. Da lernt man die Standardisierung der deutschen Mehle zu schätzen, auch wenn trotzdem z.B. nicht jedes Mehl der Type 550 dieselben Eigenschaften hat.

Achso, und noch eine kurze Erklärung zur Überschrift, für die, die mit dem Begriff nichts anfangen können. Mise-en-place ist ein Begriff aus der Gastronomie, der aus dem Französischen stammt und international Verwendung findet. Er beschreibt das Vorbereiten und Bereitstellen von Zutaten, Arbeitsmaterialien und Werkzeug. Zum Beispiel: Ich will Brötchen machen. Mise-en-place würde dabei z.B. das Abwiegen zumindest der trockenen Zutaten umfassen, das Bereitlegen von Teigschabern, Messern, Blechen, Dielen....
Zum ersten Mal bin ich über den Begriff bei einem Auslandshalbjahr in Neuseeland in einer Gastronomieklasse an der High School gestolpert und seit dem begegne ich ihm immer wieder und benutze ihn auch selber gerne. Ein sehr praktisches Wort/Wörter!

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Museen in Stockholm
Stockholm hat eine ganze Reihe an Museen zu bieten und auch so etwas, was man vielleicht als Museumsinsel bezeichnen könnte. (Wenn man eine Stadt auf 14 Inseln erbaut und einen Teil der Museen nebeneinanderstellt, ist das eine natürliche Entwicklung.)
Bis Anfang der Jahres war der Eintritt in die meisten staatlichen Museen kostenfrei. Das ist leider nicht mehr der Fall. Die derzeitige Regierung hat sich dazu entschlossen, Eintrittspreise zu erheben und die sind nicht gerade moderat ausgefallen! Von 0 auf 150-180 SEK ( etwa 15-18 €) ist  mal 'ne Ansage.
Wenn man allerdings Zeit hat und etwas flexibel ist, gibt es Tricks:
Das Stadtmuseum und das Mittelaltermuseum in Slussen, nahe der Altstadt, sind sehr unterhaltsam und kostenfrei.
Das Naturhistorische Museum hat an einem Sonntag im Monat freien Eintritt. Unnötig zu erwähnen, das der Andrang entsprechend ist. Wenn man aber möglichst früh hingeht, ist es ok.
Das historische Museum kann man jeden Mittwoch kostenfrei besuchen. Ich war jetzt schon zwei Mal dort und bin noch immer nicht ganz durch die Ausstellung durch.
Der Eintritt zum jüdischen Museum ist samstags zwischen 11 und 12 Uhr frei.
Das Armeemuseum, welches mir sehr empfohlen worden ist, lässt dienstags nach 17.00 Uhr Besucher ein ohne einen Eintrittspreis zu verlangen.

Und dann gibt es noch einige weitere Museen, die entweder nur zur Museumsnacht am 22.04., direkt nach meiner Abreise, frei zugänglich sind oder generell keine Ausnahmen machen. Hier einige Beispiele:
Das Wikingermuseum, wo sich alles, wie der Name schon sagt, um die Wikinger dreht.
Das Vasamuseum mit dem am besten erhaltenden Schiffswrack aus dem 17. Jhr. Weit hat es die Vasa nicht geschafft. Schon bei der Jungfernfahrt kam sie nicht weit über den Hafen hinaus, sondern das topplastige Schiff legte sich nach einem kurzen Kampf gegen Fallwinde auf die Seite, lief voll Wasser und sank auf den Meeresgrund. Dabei kamen mindestens 30 Mann Besatzung ums Leben. Nach 333 Jahren barg man das Wrack und erneut erlangt das Schiff, das einst das Vorzeigeobjekt der schwedischen Kriegsmarine werden sollte, Ruhm, Bekanntheit und hat heute ein eigenes Museum.
Das älteste Freiluftmuseum der Welt: Skansen mit etwa 150 Häusern aus allen Regionen Schwedens.
Fotografiska, eine Mischung aus Museum und Galerie von/für Fotographien, das Teile seiner Ausstellung auch verkauft. Fotografiska gibt es in vielen europäischen Hauptstädten.
Seehistorische Museum über die Geschichte der Seefahrt, die in der schwedischen Geschichte eine große Rolle spielt.
Das Astrid Lindgren Museum mit Szenen aus Pippi Langstrumpf, Karlson vom Dach und Emil von Lönneberga.
Damit ist die Liste bei Weitem noch nicht komplett, aber einen Überblick über alle Museen sprengt den Rahmen an dieser Stelle.
Möchte man mehrere dieser Museen besuchen, sollte man sich vielleicht eine Museumskarte für etwa 45 € zulegen. Ab drei Museen lohnt sich die meistens.

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